Die ehemalige NS-Ordensburg Vogelsang ist nicht nur eines der größten Bauwerke des Nationalsozialismus, sondern auch Ausdruck seiner Überheblichkeit und Menschenverachtung. Durch die militärische Nutzung nach dem Zweiten Weltkrieg als „Camp Vogelsang“ spiegelt der Ort zudem den Weg vom „Kalten Krieg“ zum Europa von heute wider. Seit 2006 entwickelt sich hier ein neuer Ort: Vogelsang IP als „Internationaler Platz“ für Toleranz, Vielfalt und ein friedliches Miteinander. Die Erfahrungen aus der Geschichte werden als Verpflichtung und Chance gleichermaßen gesehen. Wertschätzung, Dialog und Offenheit sind Haltungen, denen alle Einrichtungen am Standort verbunden sind.
Heute stellt der „Internationale Platz“ seinen Besucherinnen und Besuchern Fragen an die Vergangenheit: Was machte die Attraktion eines Ortes wie Vogelsang während der NS-Zeit aus? Welche Versprechungen wurden hier jungen Männern von der Führung hinsichtlich ihrer Zukunft gemacht? Von welchen Hoffnungen und Sehnsüchten nach sozialem Aufstieg waren sie bewegt? Waren sie durch Drill und Formierung dazu vorbestimmt, sich an Verbrechen zu beteiligen oder konnten sie auch „nein“ sagen? Sahen sie sich selbst als „Herrenmenschen“ und handelten auch so?
Die Dauerausstellung „Bestimmung: Herrenmensch. NS-Ordensburgen zwischen Faszination und Verbrechen“ will keine einfachen Antworten geben. Sie möchte zunächst einmal dazu animieren, Fragen wie die eingangs beispielhaft gestellten in den Besucherinnen und Besuchern entstehen zu lassen. Die Ausstellung nimmt konkretes Täterhandeln, Handlungsräume wie die Handelnden selbst mit ihren Überzeugungen, ihren Prägungen und ihrem Tun in den Blick, erschließt jedoch auch Perspektiven und Stimmen von Opfern. Wenn wir besser verstehen möchten, wie es zu den größten Verbrechen in der europäischen Geschichte kommen konnte, müssen wir uns die Menschen in ihrer Zeit, ihre Überzeugungen, Prägungen und ihr Tun genau anschauen. Wir haben inzwischen begriffen, dass vor allem dieser Blick auf die Handlungsmöglichkeiten und das konkrete Handeln des Einzelnen uns Türen zur Erkenntnis des Gesamten öffnen kann